Fotochrome(De)

Farbbilder zu Mini-Preisen

Zum ersten Mal ist es gelungen, Farbfotos in großer Stückzahl ohne Negativ herzustellen.
Ein Fotochrome-Farbbild kostet (umgerechnet) nur 80 Pfennige.
Leider läßt die Qualität noch zu wünschen übrig.

Jeder kennt das brillante Polaroid-System, die Sofortbild-Kamera für Filme mit eingebautem Entwickler.
Man knipst, zieht an einer Papierlasche und kann nach zehn Sekunden das fertige Bild aus der Kamera lösen.
Seit gut zwei Jahren gibt es sogar Polaroid-Farbfotos, die nur ein paar Sekunden länger brauchen als Schwarzweißbilder. Technisch gesehen, ist dieses Wunderwerk kaum noch zu überbieten.
Trotzdem hat auch das Polaroid-System einen Haken: den Preis. Ein schwarzweißes Polaroidbild kostet eine Mark, ein farbiges jedoch rund fünf Mark.
Das sei entschieden zuviel, tönt jetzt die Werbetrommel einer anderen amerikanischen Firma durch den Blätterwald, zumal es ja jetzt einen viel billigeren Weg zum Farbfoto gebe Die Fotochrome Company, New York, propagiert das Fotochrome-System: Wir haben nach jahrelanger Entwicklungsarbeit und nach Tausenden von Experimenten ein revolutionäres Farbfotoaufnahmesystem fertiggestellt.
Die Kamera ist so automatisch, wie sie überhaupt nur sein kann.
Sie ist narrensicher.
Die Bedienung ist ein Kinderspiel.
Und die Hauptsache: Marn lädt sie mit einem Film, der die Kosten von Farbaufnahmen praktisch halbiert. Farbaufnahmen kosten soviel wie Schwarzweißaufnahmen.
Warum? Nun, Fotochrome gibt den Grund an: braucht kein Negativ mehr.
Das Geheimnis liegt angeblich im Entwicklungsprozeß: Wir sind jetzt imstande, ein Positiv in klaren, leuchtenden Farben unmittelbar, ohne umständliche, kostspielige Zwischenstufen aus dem belichteten Film herzustellen.
AußBer Geld spart das Verfahren auch Zeit: Bisher dauerte es meistens zwei Tage, von der Absendung des Films an gerechnet, bis man die Bilder zurückerhielt.
Beim Fotochrome-Verfahren braucht man gewöhnlich nur einen Tag.
Das ist zwar gegenüber dem herkömmlichen Farbfilm recht schnell, doch mit Polaroid kann man Fotochrome in dieser Hinsicht eben doch nicht vergleichen.
Bleibt als zugkräftigstes Verkaufsargument also der Preis.
Die ziemlich eigenartig geformte Fotochrome-Kamera ist zunächst nur in den Vereinigten Staaten zu beziehen.
Kaufpreis im Einzelhandel: 50 Dollar Für das Geld bekommt man einen Apparat, der wirklich beinahe so einfach zu bedienen ist, wie der Prospekt verspricht.
Die 4.5-f-Linse ist nicht besonders lichtstark (viele der billigeren Polaroidlinsen sind es auch nicht); ein Belichtungsmesser ist selbstver- ständlich eingebaut, und das Laden ist nicht schwieriger als bei den Kodak-Instamatic-Modellen.
Auch sonst gibt's manches vom üblichen Kamera-Komfort: Sperrvorrichtung zur Verhinderung von Doppelbelichtung, automatische Belichtungseinstellung für Blitzlichtaufnahmen und ähnliches mehr.

Die Fotochrome-Filmkassette läßt sich kinderleicht einlegen.
Der Film besteht aus einer beschichteten Kunststoffolie, die auch das entwickelte Positiv trägt.

Die Fotochrome-Filmkassette für zehn Aufnahmen kostet knapp zwei Dollar, ein Farbbild kommt also umgerechnet auf rund 80 Pfennige.
Das ist fürwahr außergewöhnlich günstig!
Aber nun die wichtigste Frage: Wie gut sind diese Billigst-Farbbilder?
Hier sind die Kenner nicht ganz zufrieden und die Laien auch nicht.
Schon bei Polaroid-Farbe gibt es unter ungünstigen Aufnahmeverhältnissen manches zu bemängeln bei Fotochrome gilt das meistens auch dann, wenn die Voraussetzungen günstig waren.
Manche Bilder haben einen unmotivierten Stich ins Violette; das verschossene Blau des Himmels sieht weniger natürlich aus, als es solite; beim Betrachten der Porträtaufnahmen drängt sich der Eindruck auf, die Frauen und Kinder, die da 'bitte recht freundlich' lächeln, scheinen noch einer längeren Rekonvaleszenz zu bedürfen.
Leider wird dieser Fehler, der mit dem Entwicklungsverfahren zu tun haben mag, nicht durch einen zweiten aufgehoben: Selbst die Farbfotos, die die Firma zu Werbezwecken verschickt, sind nicht scharf durchgezeichnet.
Feine Details gibt es nicht.
Der Verdacht liegt nahe, daß die Linse optisch nicht erstklassig ist.
Nun soll man deshalb über Fotochrome noch nicht den Stab brechen.
Wer nicht allzu anspruchsvoll ist und die Hälfte der üblichen Farbfotokosten sparen will, kann mit Fotochrome durchaus glücklich werden.
Man soll auch nicht vergessen, daß man es hier mit einem der ersten negativlosen Farbaufnahmesysteme zu tun hat.
Vielleicht haben sich die Fotochrome-Leute etwas zu früh auf den Markt gewagt: Sie standen unter Druck.
Allerdings hatten sie den Druck selbst erzeugt.
Vor rund zwei Jahren ließen sie Gerüchte über ein sensationelles Farbfotosystem kursieren; damals war das Verfahren aber noch nicht publikumsreif.

Da die Gerüchte ziemlich wilde Spekulationen in Fotochrome-Aktien auslösten , ordnete die Börsenaufsichtsbehörde den vorübergehenden Ausschluß von Fotochrome-Aktien an.
Bei Fotochrome ist man sehr zugeknöpft, wenn man wissen will, wie denn nun das Wunder eigentlich funktioniert.
Offiziell wurde uns überhaupt nichts mitgeteilt.
Wir vermuten aber, daβ das Geheimnis dieses Verfahrens, ähnlich wie bei Polaroid, im Film begraben ist.
Der Fotochrome-Film ist eine beschichtete Kunststoffolie, die nach Belichtung und Entwicklung auch das positive Farbbild trägt.
Es muß den Fotochrome-Leuten gelungen sein, das bei der Belichtung entstehende Negativ auf dem Film in ein Positiv umzuwandeln.
Vom Positiv können selbstverständ lich auch Kopien und Vergrößerungen angefertigt werden.
Welcher fotochemische Prozeß dem Verfahren zugrunde liegt, ist jedoch noch striktes Firmengeheimnis der Fotochrome Inc, in Long Island City.
Und wenn die sem Verfahren noch verschiedene Kinderkrankheiten anhaften, so darf man jedoch nicht übersehen, daß hier wirkli ches Neuland betreten wurde und daß Fotochrome höchstwahrscheinlich noch uner-forschte, aber zukunftsträchtige Möglichkeiten birgt.
N.D. Hebert

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最終更新:2017年09月26日 16:17